9. Tag
Heute ist Abschied angesagt von Palermo, einer Stadt die für uns so ganz anders war als erwartet. Da war für uns nichts zu spüren von dem Mafia Mief, der dieser Stadt irgendwie anhaftet. Wir haben uns hier sehr wohlgefühlt. Eine quirlige Stadt mit sehr sympathischen Menschen, weltoffen und freundlich, geprägt durch eine lange, bunte Vergangenheit - auch in religiöser Hinsicht. Der Bezug zu Glauben und Kirche ist ausgeprägt, aber nicht verbohrt. Hier würden wir zu jeder Zeit gerne wieder hinkommen.
Nach dem Frühstück verabschieden wir uns herzlichst und mit vielen Umarmungen von unseren Gastgebern, Paolo und Antonella im Alma Hotel. Sie haben aus einem Stadt-Hinterhofhotel eine kleine Insel gemacht, wo man sich sofort willkommen fühlt. Sie haben uns noch einige Übernachtungsmöglichkeiten in der Nähe von Trapani ausgedruckt, und rufen schnell noch mal an in der Via Capuccini, ob wir die Katakomben von Palermo heute morgen besichtigen können. Antonella warnt uns noch vor, so direkt nach dem Frühstück wäre das nichts für sie. Wir lassen uns überraschen. Unser Auto haben wir für 10:00 bestellt, und pünktlich steht es vor der Tür. Paolo kommt noch mit und hilft uns beim Einladen, dann geht es los in Richtung „Via Capuccini 1“.
Weit ist es nicht bis dorthin, wir waren ja schon mal zu Fuß in dieser Straße, ohne zu wissen, dass wir ganz nahe bei den Katakomben sind. Einen Parkplatz finden wir auch gleich und laufen in Richtung zur Hausnummer 1. Wir parken bei no110. Schnell sind wir angelangt bei no1, aber von Katakomben oder dem Kapuzinerkloster ist nichts zu sehen. Wir fragen einen Passanten, und der erklärt uns, dass die Katakomben am anderen Ende der Straße sind - nix no1. Also, geht es wieder zurück in die andere Richtung, mal über den Bürgersteig, wenn er nicht zugeparkt ist, meistens über die Straße, weil man rechts und links nicht laufen kann. Das sind die hiesigen Autofahrer gewöhnt und niemand regt sich darüber auf. Bei der Haunummer 250 hören wir auf zu gucken und zu zählen; an der nächsten Ampel soll es direkt um die Ecke sein. Bingo! Wir berappen unsere 3€ pro Person. Übrigens haben wir extra unsere Rentnerausweise mitgenommen - bisher hat's uns nix an Ermäßigung gebracht. Es geht hinunter in die Gruft und ist echt gruselig. Hier hängen in Nischen um die 1200 Skelette, noch mit den Resten ihrer Originalbekleidung. Das ist schon makaber, Kinderleichen, Männer und Frauen sind hier, zum Teil, mit Namen und dem Sterbetag ausgestellt. Wenn man wollte, könnte man die Skelette sogar anfassen. In uralten Särgen sind Leichen aufgebahrt, wo die Gesichtshaut und die Haarfarbe noch gut zu erkennen ist. Das geht schon unter die Haut, so haben wir Katakomben noch nirgendwo gesehen.
Nachdem unsere morbide Ader zufriedengestellt ist, sind wir froh, wieder draußen in der Sonne zu sein. Wir bummeln noch kurz über den danebenliegenden Friedhof, und atmen danach voll das Leben ein.
Jetzt aber raus aus Palermo, über die Autobahn in Richtung Trapani. Erst mal müssen wir durch einen morgendlichen Stau hindurch, wir haben ja Zeit....außerhalb der Stadt geht es flüssig weiter. Nach ca 70 km erreichen wir die Ausfahrt nach „Segesta“. Es ist eine alte Stadtanlage, vermutlich ursprünglich errichtet von den „Elymern“, mit einem dorischen Tempel und einem römischen Theater. Über eine kleine Landstraße geht es kurvenreich bergauf bis zur Tempelanlage. Hier gibt es sogar kostenlose Parkmöglichkeiten. Wir holen unser Ticket und stärken uns noch mit Kaffee und einigen verführerischen Mandelspezialitäten. Dann geht es weiter zu Fuß aufwärts zum Tempel, den man von hier unten schon sehr gut sehen kann. Ein wirklich sehr schön erhaltener Tempel mit einem tollen Blick auf das Meer und die umliegende Landschaft. Der richtige Platz zum Verehren von Göttern! Rundum explodiert gerade der Frühling und die Farbenpacht der Wiesen ist umwerfend.
Jetzt geht es wieder nach unten und auf der anderen Seite des Berges wieder rauf. Da liegen die Ruinen der alten Stadt, das Theater ist auf der Bergspitze. Eine Straße führt von hier nach oben und ein Shuttlebus befördert die Lauffaulen nach oben. Laut Schild sind es nur 1250m zu Fuß. Wir beschließen den Fußweg zu nehmen, der durch die Ruinen zuerst langsam, später etwas steiler nach oben führt.
Schnaufend und etwas durchgeschwitzt - ich zumindest - kommen wir oben an. Hier weht ein heftiger Wind. Bis zum römischen Theater geht es noch etwas weiter bergauf, aber die Anstrengung lohnt sich. Ein herrlicher Blick bis hinunter zum Meer bietet sich vom Theater aus.
Da es uns hier zu kalt wird, machen wir uns schon bald auf den Rückweg, auch wieder zu Fuß. Die Shuttlebusse ignorieren wir hochnäsig.
Wir schauen nach, welche Übernachtungsalternativen sich für uns anbieten. Ganz in der Nähe ist ein Agritourismo gelegen, das "Baglio Pocoroba", dort wollen wir erst mal hin. Laut Navi sind es nur 6km und wir sind Ruck-zuck da. Hier stehen massenhaft Autos herum und Disco Musik schallt bis auf die Straße. Das hört sich nicht nach einem Bauernhof an. Schauen wir mal. Tatsächlich findet hier eine Ostermontagsparty statt mit Karaoke und so weiter. Wir gehen erst mal in die Küche, wo es etwas ruhiger ist. Hier sitzt die Familie mit Oma und Opa und den Enkeln und isst zu Mittag/Abend. Wir werden gleich eingeladen. Zuerst fragen wir aber nach einem Zimmer. Der Patrone nickt und zeigt uns eines. Ok, hier bleiben wir als die einzigen "Hotelgäste".
Ausweis interessiert den Patrone nicht. Wir setzen uns mit der Familie an den großen Tisch und haben schnell ein Stück Fleisch auf dem Teller und Wein vor uns stehen. Es schmeckt gut, der Opa lässt uns von seinem Ökowein probieren, der köstlich schmeckt und eine ganze Menge Umdrehungen hat.
Wir ziehen uns aber bald zurück und schaffen erst mal unser Gepäck auf das Zimmer. Die Veranstaltung mit dem Musiklärm soll angeblich bald vorbei sein. Ich lümmele mich aufs Bett, meine Frau macht noch eine Wanderung durch die Felder.
Der Patrone sagte uns, dass er das Restaurant wegen der vielen Gäste erst um 20:30 öffnet. So war es gedacht. Tatsächlich aber sind alle Leute noch mit Aufräumen beschäftigt und haben keine Zeit zum Kochen. Auf dem Weg hierher hatten wir ein Schild zu einer Pizzeria gesehen, da wollen wir jetzt hin. Leider ist die aber geschlossen. Wir fahren weiter in Richtung zur nächsten Ansammlung von Häusern - niente - nix - alles tote Hose. Unser Navi sagt uns, das nächste Restaurant wäre 20 km entfernt. Das ist uns zu weit, wir fahren zurück zum Agritourismo, lassen uns eine Flasche Rotwein, etwas Schinken, Käse, Brot und ein paar Oliven geben und lassen uns das Ganze im Zimmer schmecken. So ist das auch ok.
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