Von Villa San Giovanni nach Palermo

5. Tag

 Heute Nacht haben wir beide eine Nachtigall gehört, die uns ein Ständchen gebracht hat. So besonders gut haben wir trotzdem nicht geschlafen, es ist wirklich nicht die beste Strategie abends so viel und so ausgiebig zu essen. Aber wir werden das wohl nur selten vermeiden können/wollen.

 

Trotzdem freuen wir uns schon wieder auf das Frühstück. Gestern Abend hat man uns schon angekündigt, dass ein besonderes Buffet auf uns warten wird. Wir sind heute noch etwas später als sonst, da wir ja keine große Strecke zurücklegen müssen.

 

Wir sitzen wieder in dem wunderschönen Speiseraum und hier ist tatsächlich einiges aufgebaut. Allerdings sind Wurst und Käse nicht geschnitten, sondern am Stück. Eine nette, äußerst wohlbeleibte Frau, steht bereit schneidet Käse und Schinken frisch für uns ab. Ganz frisches Brot liegt ebenfalls bereit, und die Auswahl an "Dolce" würde einer Konditorei Ehre machen. Die wollen uns mästen, diese Sizilianer. Wer kann diesen Herrlichkeiten schon widerstehen? Wir lassen uns alles schmecken und müssen die nette Dame abwehren, die uns weiter auflegen will.

 

Beim Bezahlen bin ich angenehm überrascht über die niedrige Restaurantrechnung vom Abendessen. Allein für die Flasche des köstlichen Roten haben wir mit 30€ gerechnet. Irgendwie scheinen uns die Leute ins Herz geschlossen zu haben, die sind wirklich alle extrem freundlich. Wir holen unser Gepäck, beladen das Auto und rückwärts geht es aus der engen Tiefgarage heraus.

 

Zur Fähre müssen wir nur um die Ecke fahren. An der Rezeption sagte man uns, dass die nächste Fähre in 20 Minuten abgeht. Ich hole ein Ticket für beide Richtungen für 75€. Lange warten müssen wir auch nicht, nach rund 10 Minuten können wir auf die Fähre. Es sind vor allen Dingen große LKW's, die mit Ware übersetzen.

Vom oberen Deck haben wir einen schönen Blick auf Sizilien. Der Wind pfeift uns ziemlich um die Ohren, aber es ist immer wieder schön von der Seeluft durchgepustet zu werden. Die Sonne scheint, ein paar belanglose Wolken am Himmel, es sieht wettermässig gut aus. In ca. 20 Minuten haben wir die Straße von Messina durchquert. An der Hafeneinfahrt begrüßt uns die 60m hohe Figur der „Madonina del Porto“, der Schutzheiligen von Messina.

 

Wir stürzen uns in den dichten Stadtverkehr und wollen uns die Kathedrale von Messina ansehen, die man schon sehr gut vom Schiff aus sehen konnte. Zuerst gurken wir etwas herum, einen Parkplatz zu finden erscheint aussichtslos, aber dann haben wir doch Glück. Leider sind alle Zugangstüren zum Dom geschlossen - deshalb der freie Parkplatz. Dann fahren wir halt gleich weiter nach Palermo. Immerhin müssen wir noch 230 km zurücklegen.

Zum Glück geht es fast ausschließlich über eine vierspurige Autobahn, aber ein Tunnel reiht sich an den nächsten. Der ständige Wechsel von Licht und Schatten macht mir doch zu schaffen, Sonnenbrille auf/ab, heute Abend werde ich wohl davon Muskelkater haben.

 

Unterwegs fahren wir nochmal herunter von der Autobahn in einen kleinen Ort, wo wir direkt am Meer sitzen können. Einen Espresso finden wir hier zwar nicht, dafür lassen wir uns unser restliches Obst schmecken. Gegen 15:30 sind wir in Palermo. Zuerst landen wir mal in einem kleinen Stau der sich aber schnell auflöst. Quer durch die Stadt scheucht uns das Navi zum Hotel Alma im Zentrum, das wir vorreserviert haben, in der Via Mariano Stabile, einer schmalen Einbahnstraße. Parken ist kaum möglich. Wir entdecken ein Hinweisschild zum Hotel, und können zumindest mal anhalten, wenn auch mit dem halben Autohintern auf der Straße; das tangiert hier keinen. Selbst wenn eine Straße dreispurig ist, werden zwei Spuren gnadenlos zugeparkt. Vermutlich wurde die Warnblinkanlage in Italien erfunden; einschalten, anhalten und die anderen hupen lassen.

Ich ziehe los, um den Eingang zum Hotel zu finden - niente. Ein breiter Eingang im Hof führt in drei Treppenhäuser. Irgendwo da oben muss das Hotel sein. Ich hole mir die Telefonnummer aus dem Auto, rufe an und lasse mich in den dritten Stock lotsen, wo eine junge Dame mich erwartet. Alle sprechen hier englisch, ein junger Mann begleitet mich nach unten, und wir laden unser Gepäck aus. Wir schaffen unser Gepäck nach oben und der junge Mann fährt das Auto in eine nahe gelegene Garage.

Unser Zimmer ist liebevoll gestaltet, alles recht neu und sehr sauber - und klein. Kaum Möglichkeiten die Kleider unterzubringen, also müssen wir weiter aus dem Koffer leben. Das Bad ist ebenfalls sehr schön und sauber und hat eine große begehbare Dusche - aber auch hier keine Ablagefläche. Das Fenster zeigt zur Straße und garantiert uns die volle Teilnahme am Verkehrsgeschehen.

Wir richten uns ein, und machen es uns noch etwas gemütlich. Gegen 18:30 ziehen wir los, um die Stadt zu erkunden. Zuvor lassen wir uns noch ein Restaurant empfehlen. Auf den Straßen ist noch viel los, wie halt im Süden üblich. Wir laufen zuerst zur Via Ruggero Settima, und anschließend weiter bis zum Teatro Politeama. Leider ist schon alles geschlossen, wir können daher nur ein paar Aufnahmen von außen machen.

Auch beim Teatro Massimo sind alle Türen verriegelt, es ist ja auch schon reichlich spät für irgendwelche Besichtigungen. Gegenüber ist das Kneipenviertel, allerdings ist uns da alles zu touristisch. Wir gehen noch kurz in eine Kirche, in der gerade ein Pfarrer seine Gründonnerstagspredigt hält, verstärkt durch Lautsprecher, dass einem fast die Ohren wegfliegen. So ein bisschen leiden sollen die Gläubigen schließlich auch in der Karwoche.

 

Wir ziehen weiter zur Via Roma, wo in nicht allzu großer Entfernung der Abzweig zu dem empfohlenen Restaurant liegt. Allerdings finden wir direkt gegenüber ein anderes Restaurant, das "Ristorante de cucgagna" das uns noch viel besser gefällt. Ein sehr netter Kellner hat uns wohl gleich ins Herz geschlossen, er gibt uns jede Menge Empfehlungen, und als er merkt, dass wir keine Pizza-Touristen sind, werden wir fürstlich bedient. Meine Frau wählt heute Abend ein sizilianisches Fleischgericht, und ich entscheide mich für Fisch. Den herrlichen Frisante schenkt er mir dazu. Als Nachtisch erhalten wir dann noch köstliche Canollis mit einer wunderbaren Cremefüllung und dazu einen kleinen Likör aus Marsala, ebenfalls geschenkt. Das heißt: auch heute haben wir uns wieder überfressen, aber wir können den Köstlichkeiten einfach nicht widerstehen. Zurück in unserem Hotel Alma, lesen wir noch ein bisschen, und versuchen dann, uns vom Motorengeräusch der Autos und Mofas in den Schlaf wiegen zu lassen.

 

Keramikfigur im Restaurant. Der Kellner erzählte uns die Geschichte, die wir später nochmal nachgelesen haben.
Keramikfigur im Restaurant. Der Kellner erzählte uns die Geschichte, die wir später nochmal nachgelesen haben.

Der tausendjährigen Legende nach geht die testa di moro auf ein Mädchen aus Palermo zurück, das sich in einen Mohren verliebte. Nachdem dieser ihr ankündigte, in seine Heimat zu seiner Frau zurückzukehren, schnitt sie ihm kurzerhand im Schlaf den Kopf ab und benutzte diesen als Pflanzgefäß für ihren üppig blühenden Balkon. So hatte sie ihren Liebsten immer in der Nähe. Dieser makabre Vorfall mündete in viele Mohrenkopf-Kopien aus Keramik.